Schlick so weit das Auge reicht

Das Bild zeigt den Nordenhamer Strand heute. Dieser sah nicht immer so aus. Vor einigen Jahrzehnten war hier noch ein beliebter Badeort. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

Blicken wir zunächst in die Vergangenheit

In den 20er Jahren wurde Nordenham zum Badeparadies. Dies wurde durch eine Weservertiefung begünstigt. Der Sand, der aus der Fahrrinne gebaggert wurde, konnte für den Strand genutzt werden. Bis Ende der 70er Jahre war der Strand gut für Freizeitaktivitäten nutzbar. Das Bild wurde vor dem damaligen Wassersportverein Nordenham im Jahre 1976 aufgenommen. Es zeigt eine Bojenkette an der Boote sowohl bei Ebbe als auch bei Flut festgemacht werden konnten. Infolge weiterer Weservertiefungen kam es zu erhöhten Strömungsgeschwindigkeiten. Die verstärkte Erosion führte vermehrt zu Uferabbrüchen. Anfang der 80er Jahre wurden Buhnen senkrecht zum Weserufer gebaut um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Infolge dieser Maßnahme wurde die Strömungsgeschwindigkeit im Uferbereich so stark herabgesetzt, dass sich feine Partikel aus der Wassersäule absetzen konnten. So türmte sich mehr und mehr der Schlick auf.

Bojenkette mit Booten, Aufnahme von 1976. Quelle: Familie Osterwohldt

Welche Rolle spielt die Weservertiefung bei der Verschlickung?

Vor allem in den Uferbereichen der Weser und den Häfen entlang der Weser wird eine zunehmende Verschlickung beobachtet. Auch hier sind die vergangenen Weservertiefungen ein entscheidender Faktor. Durch eine Vertiefung der Fahrrinne kann der Flutstrom (besonders in den ersten Stunden) mit einer erhöhten Geschwindigkeit flussaufwärts gelangen. Es gelangt mehr Wasser die Weser hinauf, welches eine erhöhte Fracht an feinen Partikeln mit sich trägt. Der langsamere Ebbstrom ist nicht in der Lage, alle Partikel wieder in die Nordsee zu befördern. Die übrigen Schwebstoffe können sich ablagern. Besonders in den Bereichen in denen die Fließgeschwindigkeit der Weser vermindert ist, kommt es zu vermehrter Verschlickung (z.B. in Sportboothäfen).

Wie ist die Verschlickung wissenschaftlich zu erklären?

Das Diagramm nach Hjulström veranschaulicht, dass sich Partikel abhängig von ihrem Korndurchmesser bei abnehmenden Fließgeschwindigkeiten absetzen. In der Zone der maximalen Trübung der Unterweser, welche sich in etwa von Brake bis nach Bremerhaven erstreckt, kommt es laufend zu Kollisionsprozessen zwischen den Sedimentpartikeln der Wassermassen (Salzwasser trifft auf Süßwasser). Dadurch kommt es zur Bildung von Aggregaten, weil die feinen Partikel aneinander kleben bleiben (Flockulation). Jetzt kommt wieder das Hjulström-Diagramm ins Spiel, da größere Flocken jetzt auch bei höheren Fließgeschwindigkeiten absinken können. In der Weser wurden Flocken mit bis zu 3 mm Durchmesser beobachtet. Eine weitere Vertiefung der Weser beschleunigt diese Prozesse zusehends.

Quellen

BUND: Ems, Weser, Elbe – für alle gilt dasselbe … Flussvertiefungen und ihre Folgen. URL: https://www.bund-niedersachsen.de/fileadmin/niedersachsen/publikationen/wasser/BUND_Broschuere_Flussvertiefung.pdf

Filip Hjulström: Studies of the morphological activity of rivers as illustrated by the River Fyris. In: Bulletin of the Geological Institute University of Uppsala, 25, Uppsala 1935, S. 221–527

Schrottke, K., Bartholomä, A. & Becker, M. (2005): Bed Mobility in the Weser Estuary Turbidity Zone. Hydro international, Vol. 9, No. 7, September 2005.